Instandsetzung des Possehl'schen Speichers "Der Bienenkorb"
in Lübeck, An der Untertrave 97
Der Ort
Das Grundstück An der Untertrave 97 liegt im Block 80 in der westlichen Lübecker Altstadt. Dieser ist gefasst durch die Straßenzüge Mengstraße, Gerade Querstraße, Alfstraße und An der Untertrave.
Die an der Untertrave und damit unmittelbar am Hafen befindlichen Parzellen waren seit der Gründungszeit der Stadt Lübeck als Handels- bzw. Lagerorte, anfänglich in Holz errichtet und ab ca. 1200 überwiegend in Mauerwerk.
Das Haus
Das jetzige und unter Denkmalschutz stehende Gebäude, das den Namen „Bienenkorb“ trägt, stammt im Kern ebenfalls aus dieser frühen Periode. Die am Giebel befindliche Jahreszahl 1871 weist allerdings nur aus, wann die jetzige Fassade (neu) errichtet wurde. Der im Haus befindliche Dachstuhl ist deutlich älter, vermutlich gehört er zu dem auf einem alten Foto von vor 1871 noch erkennbaren Giebel (-fragment) mit einem recht auffälligen Mauerwerksverband aus wechselnden Schichten mit Glasur und ohne: laut eines Bauhistorikers ein Hinweis auf einen Bauherren, der dem Rat angehört hat.
Anhand von Fotos aus der Zeit nach 1871 wurde auch bekannt, dass Ludwig Possehl, dessen Begeisterung für das „alte“ Lübecker Stadtbild sprichwörtlich gewesen ist, der Erbauer der heute noch vorhandenen Fassade war: deutlich ist sein Firmen-Namenszug auf dem rechten Eingang des Speichers zu erkennen. Ihm diente das Haus nach seinem Umbau viele Jahre als Lagergebäude, was durch den Einbau eines vor dem Haus liegenden Aufzugs noch wirtschaftlicher wurde. Der Dachstuhl ist weitgehend unverändert überkommen.
Im Anschluss an diese Nutzung und nach Erwerb durch die TRAVE kam es zu der politischen Entscheidung, dort neu ein Jugendzentrum, das später zu einem Frauen- und Mädchenzentrum konvertierte, einzurichten. Ab ca. 1980 wurden einige Umbaumaßnahmen im Inneren und an der Hoffassade getroffen, um diese öffentliche Nutzung möglich zu machen.
Da die Hafenfassade 1980 kaum saniert wurde, gab es etliche Fehlstellen im Mauerwerk bzw. an den Dekor-Bereichen. Diese wurden von uns ergänzt.
Die historische Hausmarke, der „Bienenkorb“, wies Frostschäden auf und wurde nach der Sanierung an seinen ursprünglichen Standort in die Mittelachse der Fassade zurückversetzt. Der Dekor-Fries aus glasierten Formziegeln über dem zweiten Geschoss wurde ergänzt bzw. repariert. Viele weitere Mauerwerksflächen und Details an dem Treppengiebel wurden aufwändig repariert.
Die historischen Eisenguss-Fenster wiesen ebenfalls viele Fehlstellen auf und mussten daher ergänzt werden.
Die Flächen unmittelbar hinter der Fassade wurden von uns als „Loggias“ geplant und werden von den neuen Bewohnern heute sehr gerne als solche genutzt.
Von den historischen Luken waren nur drei überkommen; die übrigen stammen als „Nachbauten“ von 1980 und sind schlecht verarbeitet. Daher wurde der Bestand repariert und die jüngsten Luken ersetzt/nachgebaut.
Historische Eingangstüren gab es zuletzt nicht mehr. Die neuen Eingänge sind zeitgenössisch in Absprache mit der Denkmalpflege gestaltet.
Die Farbigkeit der Türen und Fenster orientiert sich an den noch aus der Bauzeit stammenden vorhandenen Farbtönen.
Das zuvor mit Beton-Dachsteinen eingedeckte Hauptdach trägt nun wieder eine Ziegel-S-Pfanne.
Der Hof als Freifläche
Die frühere Nutzung des Hofes als Allgemeinfläche wurde infolge des o.a. politischen Beschlusses zur Aufgabe der Nutzung als Frauen- und Mädchenzentrum aufgegeben.
In Verbindung mit der gewerblichen Nutzung als Marzipan-Museum mit Café-Betrieb fand der Hof zurück zu einer angemessenen Nutzung als halböffentliche Fläche mit Café-gastronomischer Bewirtung.
Die ursprünglich im Hof befindlichen Kunststein-Beläge wurden gegen Kopfsteinpflaster ersetzt. Die aus der Zeit von 1980 überkommenen Stahlbeton-Beet-Einfassungen wurden jedoch gereinigt und mit einer Beton-Lasur versehen.
Fazit der Sanierung
Die heutige gewerbliche Nutzung der unteren Geschosse als Marzipan-Museum mit kleinem Café-Betrieb durch die in der Nachbarschaft bereits tätige Familie Leu ist ein Glücksfall für die außergewöhnlich schwierige Erschließung des Hauses über sein Tiefgeschoss. Glücklich ist auch diese Nutzung für die bestehende Konstruktion der unteren drei Geschosse, da „nur“ die Haupttreppe zu ändern war.
Das Ziel der Sanierung war aber auch, mit der neuerlichen privatwirtschaftlichen Ausrichtung eine Aufwertung der städtebaulichen Situation zu erzielen. Es bleibt zu hoffen, dass durch die Vielzahl derartiger neuer Akzente in der Nutzung auch zeitnah die Neu-Gestaltung des Straßenzuges folgen wird.