Fischstraße 17
Rekonstruktion einer Fassade von ca. 1800
Im März 1942 wurde Lübeck das Ziel britischer Fliegerbomben, wobei wertvolle Bereiche der Lübecker Altstadt zerstört wurden. Darunter auch große Teile des sog. „Gründungsviertels“ der westlichen Altstadt zwischen Holstenstraße und Beckergrube.
Ein parzellenscharfer Wiederaufbau erfolgte seinerzeit nicht. Anstelle dessen wurden zwei größere Schulgebäude errichtet, ohne dabei die historischen Blockränder zu berücksichtigen: dieser Bereich war stadtgeschichtlich unkenntlich geworden.
In dem bundesweit beachteten Projekt „Gründungsviertel“ gab die Hansestadt Lübeck das Ziel aus, eine Wohnbebauung auf den ehemaligen und nun wiederhergestellten Parzellen zu schaffen.
Dabei war es bauleitplanerisch möglich, die Fassaden der auf den ehemaligen Parzellen neu entstehenden Häuser neu zu gestalten (gem. Wettbewerb) oder aber nach Befunden (Zeichnungen/Fotos etc.) zu rekonstruieren; - sozusagen als Alternative zu einer modernen Fassade.
Hierzu hatten wir uns entschlossen. - Warum das denn, bitte?
Der Begriff „Rekonstruktion“ löst bei vielen Menschen einen berechtigten Schrecken aus: soll doch dort etwas neu errichtet werden, wo zuvor etwas vergangen ist.
Dass wir uns doch dazu entschieden, hatte mehrere Gründe:
Das vormalige Gebäude wurde im Jahr ca. 1800 von dem Bauherrn Ganslandt errichtet; dieser war Senator und Kaufmann; er gehörte der hugenottischen Konfession an. Die Familie Ganslandt war zuvor aus Hessen-Nassau nach Lübeck eingewandert und hatte enge Kontakte zu der Familie Marty; - die wiederum mit Familie Mann verwandt war.
Das Gebäude selber war sehr großzügig geschnitten und ganz sicher zwischen den mittelalterlichen Brandwänden neu errichtet; - nach mittelalterlicher Tradition erhielt es auch einen Seitenflügel.
Der Entwurf dieses Hauses von ca. 1800 muss von einem guten Architekten stammen: er beherrschte die klassischen modernen Entwurfselemente eines damals zeitgemäßen klassizistischen Hausbaus in Anlehnung an die französische Hausbaukunst (Bordeaux) unter dem Einfluss dänischer Schule (Bauschule Kopenhagen). Leider ist er namentlich nicht bekannt.
Das Haus bestand im Äußeren nahezu unverändert bis zu seiner Zerstörung.
Nachdem in einer international beachteten archäologischen Kampagne das gesamt historische Baugebiet ergraben und erkundet wurde, konnten die Neubauten entstehen: in der Lage der ehemaligen Grundmauern des Vorgängergebäudes wurde ein neues und ebenso großzügig geschnittenes neues Wohnhaus errichtet mit vier geräumigen Wohnungen.
Es gehört der Familie von Bismarck aus Döbbelin/Stendal und wird zum Teil von dieser auch selbst bewohnt.